Internationaler Tag gegen Rassismus in Rudow

Rudow empört sich – Gemeinsam für Respekt und Vielfalt – ruft auf zu einer solidarischen Menschenkette zum internationalen Tag gegen Rassismus

Samstag, 19. März 2022, 11 Uhr – Treffpunkt: Alt-Rudow, Ecke Neudecker Weg

Aus Rudow wurden 2021 beim Berliner Register 51 rechtsextreme, rassistische und antisemitische Vorfälle gemeldet. Dazu gehören auch tätliche Angriffe. Zwei Beispiele: In der Neuköllner Straße / Ecke Fritz-Erler-Allee wurde am 6. Juli ein ausländischer Mitbürger von einem bekannten Britzer Rechtsextremisten rassistisch beleidigt und anschließend mit einem Messer am Hals verletzt. Am 17. August wurde ein 9-jähriges Kind in der Groß-Ziethener Chaussee von einer Frau rassistisch beleidigt und getreten.

Hinter den meisten der 51 Vorfällen in Rudow steckt die Neonazi-Partei der „III. Weg“. Zu ihr gehört auch einer der Hauptverdächtigen der rechten Neuköllner Terrorserie mit mindestens 73 Straftaten, davon 23 Brandstiftungen. Anfang 2021 aus der U-Haft entlassen, darf der einschlägig vorbestrafte Rudower trotz Anklage der Staatsanwaltschaft seine Machenschaften fortsetzen.

Getarnt als bürgernaher Kümmerer verbreitet der „III. Weg“ in Rudow mit Flyern rechte Verschwörungsideologien, macht für alles Geflüchtete und Zugewanderte verantwortlich und ruft zum „System“-Sturz auf. Zu diesem Zweck organisiert der „III. Weg“ auch Corona-Verschwörungs-Aktivitäten. Im Wahlkampf plakatierte der „III. Weg“ auch in Rudow Mordaufrufe. Im September versuchte er, eine Veranstaltung von „Rudow empört sich“ zu stören, und im November beging er auf einem Rudower Friedhof ein NS-verharmlosendes „Heldengedenken“.

Im „III. Weg“ haben sich Neonazis zusammengeschlossen, deren Organisationen verboten wurden und denen die NPD nicht gewaltbereit genug ist. Hinter dem Parteinamen und der Parole „National – revolutionär – sozialistisch“ steht das Bekenntnis zum nationalsozialistischen „III. Reich“. Das Programm ist völkisch-menschenfeindlich, antisemitisch und gegen die Demokratie gerichtet.

Mit den Mordanschlägen gegen Walter Lübcke, in Halle und Hanau wurde unsere Gesellschaft in ihrer gesamten Breite angegriffen. Hier wurde deutlich wie schnell aus rassistischer Stimmungs- mache und Hetze Gewalttaten werden. Wir alle sind deshalb gefordert, Rassismus und rechtem Terror entgegenzutreten. Gewerkschaften, Unternehmen und Berufsverbände, Sport- und andere Vereine, Schulen, Kirchen und religiöse Vereinigungen sind aufgerufen, für unsere Demokratie einzustehen.

Unsere Antwort: Solidarisch gegen Rassismus, rechte Gewalt und Hetze!

Polizist der ehemaligen Neuköllner Ermittlungsgruppe „Rex“ wegen rassistischem Angriff vor Gericht – Mittäter mit Neonazi-Bezügen

Links: K. – Rechts: Y. und G. auf einer Neonazi-Demonstration in Hellersdorf

Am 16. und 25. Februar 2022 stehen Stefan K., Dennis Y. und Philipp G. vor Gericht in der Berliner Turmstraße. Sie sollen im April 2017 mit einer noch größeren Gruppe auf dem Rückweg von einem Spiel des 1. FC Union einen Mann am S-Bahnhof Karlshorst rassistisch beschimpft und anschließend brutal angegriffen haben. Dem betroffene Mann, einem Geflüchteten aus Afghanistan, wurde die Nase gebrochen und Schulterverletzungen zugefügt. Seitdem leidet er unter erheblichen psychischen Beeinträchtigungen. Obwohl er Betroffener eines rassistischen Angriffs war, wurde sein Antrag auf Asyl abgelehnt. Er wurde auf persönliche Anordnung des damaligen Berliner Innensenators abgeschoben.

Einer der mutmaßlichen Angreifer, Stefan K., ist Polizist. Wie neue Recherchen nun ergeben, sind die beiden weiteren Angeklagten, Dennis Y. und Philipp G., in der Vergangenheit durch klare Bezüge zur Berliner Neonaziszene aufgefallen. Unter anderem besuchten sie eine Neonazidemonstration.

Der rassistische Angreifer sollte gegen rechte Gewalt in Neukölln ermitteln

Der mutmaßliche Angreifer, Stefan K., gehörte ab mindestens 2008 zur Neuköllner Ermittlungsgruppe „Rex“ der Berliner Polizei, die im Bezirksteil Rudow eingesetzt war. Zwischenzeitlich bestand die Ermittlungsgruppe „Rex“ nur aus drei Beamt:innen. K. gehörte offenbar zu diesem Kern der Einheit. Sie wurde 2016 aufgelöst. K. war im Rahmen seiner Tätigkeit über Jahre in zivil auf Neonazidemonstrationen eingesetzt. Seine Aufgabe war es u.a., die lokale rechte Szene zu beobachten. In dieser Funktion besuchte er extrem rechte Versammlungen in der gazen Stadt, wie Aufmärsche von „BärGiDa“, dem „NW Berlin“ oder auch der AfD. Er hatte dadurch ein umfassendes Bild über Neonaziaktivitäten in Berlin.

Zu K.s polizeilichen Aufgaben gehörte ebenfalls die Netzwerkarbeit mit zivilgesellschaftlichen Initiativen in Neukölln. Er dürfte somit unzähligen Engagierten im Süden Neuköllns bekannt gewesen sein, unter ihnen zahlreiche Betroffene von Rassismus und Neonazigewalt. Dass er selbst rassistische Gewalt ausgeübt haben soll, wirft Fragen auf: Inwieweit ist K. in den Neuköllner Neonazi-Komplex verwickelt?

Rassistische Demonstrationsgänger waren Mittäter

Neben K. sitzen die Marzahn-Hellersdorfer Dennis Y. und Philipp G. auf der Anklagebank. Der gelernte Maurer Y. und der Familienvater G. sind keine Unbekannnten. Die beiden Fans des 1. FC Union nahmen bereits im April 2016 an einem Neonaziaufmarsch im Stil der „Autonomen Nationalisten“ in Berlin-Hellersdorf teil. Unter den Teilnehmenden befanden sich neben Y. und G. Neonazis mit Bezügen zum Netzwerk der Hammerskins und Combat 18 sowie heutige Kader der Neonazi-Partei „III. Weg“. Der „III. Weg“ bildet mittlerweile die neue politische Heimat von Neonazis aus Südneukölln, also jener Akteure, mit deren Beobachtung K. betraut war.

Y. und G. am 2.4.2016 auf der Neonazi-Demonstration in Marzahn-Hellersdorf.

Y. und G. trugen auf der Demonstration T-Shirts, die wahrscheinlich im neonazistischen „Versand der Bewegung“ bestellt worden. Schon 2013 fielen beide durch Zustimmung und Facebook-Kommentare unter (rassistischen) Beiträgen der „Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf“ auf. Die selbsternannte „Bürgerinitiative“ wurde von Neonazis initiiert, um Anwohner:innen für rassistische Themen zu mobilisieren. Es ist davon auszugehen, dass Y. und G. schon vor 2016 an rassistischen Versammlungen in Marzahn-Hellersdorf teilnahmen.

Rasssistische Tatmotivation wird ignoriert

Nach dem Angriff im April 2017 soll K. zu den eintreffenden Kollegen der Berliner Polizei gesagt haben, es liege kein Problem vor, schließlich seien keine „deutschen Interessen“ betroffen. Zeug:innen des Angriffs berichteten später, dass rassistische Beleidigungen, wie „Scheiß Ausländer“ und „Verpiss dich aus Deutschland, was willst du hier überhaupt“ gerufen wurden. Diesen menschenverachtenden Aussagen wird bis heute in der juristischen Auseinandersetzung um den Angriff wenig Aufmerksamkeit durch staatliche Stellen zuteil. Nach der Attacke veröffentlichte die Berliner Polizei eine Pressemitteilung, die K.s Handeln verharmlost.

Doch nach Zeugenaussagen sollen sich die kurz nach der Tat eingetroffenen Polizisten mit den Angreifern freundlich unterhalten haben. K. hätte dabei entspannt gewirkt, eine Zigeratte geraucht und gelacht. Gemeinsam sollen die Angreifer über den Betroffenen verächtlich gelacht haben. Offen bleibt, ob K. die Mittäter Y. und G. bereits von gemeinsamen Fußballbesuchen oder durch seine polizeiliche Arbeit auf Neonazidemonstrationen kannte. Zudem ist zu klären, wie eine Person mit einem derartigen Hang zu rassistischer Gewalt als Polizist für die Aufklärung von Neonazi-Übergiffen eingesetzt werden konnte. Wurden hier rechte Tendenzen von der Berliner Polizei wissentlich übersehen? Gab es bereits vor dem Vorfall Ermittlungs- oder Disziplinarverfahren wegen der rassistischen Einstellung von K.?

Antrag auf Asyl abgelehnt

Zwei Monate nach der Attacke trat ein Gesetz in Berlin in Kraft, welches das Bleiberecht von „Opfern von Hasskriminalität“ festschreibt. Dazu zählen explizit Betroffene rassistischer Gewalt. Drei Zeug:innen bestätigten rassistische Beleidigung im Rahmen des Vorfalls in Karlshorst. Dennoch ließ der ehemalige Innensenator Andreas Geisel (SPD) den Betroffenen nach Afghanistan abschieben.

Zum damaligen Zeitpunkt musste der Innensenator jeder Abschiebungen von Berlin nach Afghanistan zustimmen. Obwohl die Ermittlungen andauerten und der betroffene Mann als Nebenkläger im Verfahren auftritt, wurde er abgeschoben. Bis heute darf der Bteroffene nicht in die Bundesrepublik zurückkehren um am Prozess gegen seine Peiniger teilzunehmen.

Themensammlung, offene Fragen und Komplexe – Vorbereitung des PUA zum Neukölln-Komplex

Anlässlich des geplanten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) im Abgeordnetenhaus haben wir begonnen, die aus unserer Sicht zu untersuchenden und aufzuklärenden Puzzleteile im Neukölln-Komplex zu sammeln. Dabei ist uns bewusst, dass der PUA politische Aufklärung betreibt. Hervorzuheben ist jedoch, dass weder polizeilich noch juristisch alles aufgeklärt ist.

Zudem treibt uns die Sorge um, dass die Aufklärung des Neukölln-Komplexes in den Koalitionswirren zerrieben wird. Es wäre nicht das erste wichtige Thema, was aufgrund von Koalitionsstreiterien und „Sachzwängen“ unter die Räder gerät. In der Vergangenheit wurde seitens der staatlichen Institutionen in diesem Hinblick jedoch bereits viel Vertrauen verspielt, so dass der PUA aus unserer Sicht eine letzte Chance darstellt.

Insofern ist der PUA ein Mittel. Aber wir setzen unsere Hoffnungen nicht voll und ausschließlich hierein. Im Zweifel findet Aufklärung weiterhin außerhalb des Parlaments statt. Das hat sie ja auch bisher. Aber das könnte unangenehm werden.

Dennoch wollen wir zu einem erfolgreichen Untersuchungsausschuss beitragen. Was nach einer ersten Bestandsaufnahme aus unserer Sicht zu untersuchen ist:

  • Arbeit der EG Resin
    • Die Ermittlungsgruppe „Rechtsextremistische Straftaten in Neukölln“ wurde im Januar 2017 gegründet, kurz nachdem das Auto einer SPD-Lokalpolitikerin angezündet wurde und die Neuköllner Neonazis erstmals Thema im GETZ waren („Gemeinsames Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum“, wöchentliches Treffen der bundesweiten Sicherheitsbehörden).
    • Eine der ersten Handlungen der EG Resin war es, im März 2017 in voller Personenstärke (sechs Beamt:innen) eine antifaschistische Infoveranstaltung in Gropiusstadt aufzusuchen und zu stören.
    • Im Laufe des Jahres 2018 wurde der Leiter der EG Resin, Michael E., abgesetzt. Auch unter neuer Leitung hielt es die EG Resin in mindestens einem Fall nicht für notwendig, Anschlagsopfer zu warnen, obwohl dies im Vorhinein möglich und angezeigt gewesen wäre.
  • Ermittlungen gegen Thom, Paulenz, Beyer et. al.
    • Wer hat zu welchem Zeitpunkt ermittelt? Welche Ermittlungspersonen wurden beteiligt und wieder abgezogen. Wieso und zu welchem Zeitpunkt? Welche Maßnahmen (-> siehe auch operative Maßnahmen) wurden angewendet?
    • Welche unterbliebenen Schutzmaßnahmen wären zu welchem Zeitpunkt möglich und angebracht gewesen? Was sind die Schwellen zur Warnung potentiell Betroffener? Welche Lehren und Parallelen lassen sich zum NSU ziehen?
    • Inwiefern waren Strukturermittlungen angedacht und angebracht? Was sprach/spricht gegen Strukturermittlungen? Gehen/gingen die Behörden von Täternetzwerken aus und wurde in diese Richtung ermittelt? Wieso ist bei rechten Gewalttaten die Schwelle so hoch, Netzwerke anzunehmen?
    • Thom wurde in den 2000er Jahren als „Justizwunder“ bekannt. Wie wird dieser behördliche Umgang begründet und im Nachhinein empfunden?
  • Ermittlungen durch das LKA, insbes. OG Rex
    • Für welche Zeiträume und aus welchen Gründen war das LKA in die Ermittlungen zu rechten Straftaten in Neukölln eingebunden oder ermittlungsführend?
    • Wieso wurde der Leiter der OG Rex ausgetauscht? Welche Polizist*innen mit Nähe zu rechten Strukturen oder auffälligen Äußerungen waren beim Staatsschutz mit Nazis befasst? Wie ist es mit Sebastian K., Zarah P., und dem sog. Ho-ho-holocaust-Beamten (sic!)?
    • Wir erwarten, dass alle Leitungspersonen aus dem Dezernat und der Abteilung zu ihren Einschätzungen und ihrer Rolle befragt werden; dies gilt auch für alle mit dem Komplex befassten Mitarbeiter*innen.
    • Die Generalbundesanwaltschaft hat die Übernahme der Ermittlungen abgelehnt. Inwiefern wird dies auf die mangelhafte Erkenntnislage und Ermittlungslage der Berliner Behörden zurückgeführt?
    • Welche Behördenerkenntnisse gibt es zum Zusammenwirken rassistischer, stigmatisierender „Gewerbekontrollen“ und rechten Anschlägen. Fließt die dokumentarische Nennung in Gefährdungsbewertungen ein?
    • Welche Zusammenarbeit und mit welchen Erkenntnisse gab es von und mit nicht-Berliner Behörden? Welche Bundesländer und Sicherheitsbehörden waren mit dem Neukölln Komplex und möglichen Täter*innen wann und wieso beschäftigt? Welche Einheiten aus Brandenburg und Sachsen wurden herangezogen? Insbes. interessiert hier, ob hinsichtlich des MEK aus Sachsen, welches in Berlin war, Erkenntnisse zu rechten Vorfällen bestehen.
    • Die Initiative Basta Britz berichtet von fragwürdigen LKA-Begegnungen und fragwürdigem Umgang mit Beschwerden -> https://basta-britz.de/
  • Vertiefende Beschäftigung mit den Täternetzwerken
    • Wurden und falls ja/nein, wieso, Strukturermittlungen angedacht und geführt?
    • Welche Erkenntnisse und Bewertungen bestehen von den Behörden aus zu Verbindungen von AfD, NPD, 3. Weg und rechten Hooligans? Welche Erkenntnisse und Bewertungen existieren zur möglichen Nähe von AfD und Polizei in Neukölln?
    • Welche Erkenntnisse gibt es zu rechten Gefährder*innen in Neukölln;? Wurde Maurice Pollei observiert und gab es vor seinem Angriff im Frühjahr 2021 Hinweise auf Bewaffnung / Maßnahmen gegen ihn oder andere Gefährder*innen?
  • Arbeit des Abschnitt 48 (ex 56) in Rudow
    • Der Polizeiabschnitt ist in vielfacher Hinsicht rechts-auffällig geworden: Wir erinnern an die Beamten mit dem Hakenkreuz-Radio, den rassistischen Angriff durch Beamte an der Parchimer Allee bzw. in Schönefeld 2010, den Angriff am Grünen Weg im Oktober 2020. Welche Konsequenzen wurden gezogen?
    • Neben den vielen rechten Vorfällen muss insbesondere die Arbeit der lokalen EG Rex (später OG Rex) untersucht werden.
    • Neben den vielen Vorfällen, ist auch die Arbeit und der Umgang mit Stefan K. zu untersuchen
    • Insofern interessieren die Disziplinarmaßnahmen. Werden alle fragwürdigen Polizist*innen in den Innendienst versetzt?
  • Stefan K.
    • Seit wann wussten die Behörden vom rassistischen Angriff? Welche Konsequenzen wurden (nicht) gezogen? Wieso? Welche Standards setzt sich die Berliner Polizei?
    • Wieso wurde der Betroffene abgeschoben und bis heute nicht zurückgeholt? Plant die Politik hier zukünftig einen anderen Umgang? Wird der Betroffene zurückgeholt und entschädigt?
    • Stefan K. hatte lange Zeit Umgang mit den Betroffenen im Neukölln-Komplex. Hierzu haben die Initiativen einiges zu fragen und zu sagen. Inwiefern wird diese Kritik aufgenommen?
  • Abschnitt 35 (ex 65) Johannisthal
    • Auch die Arbeit des Abschnitts 35 in Johannisthal, ehemals Abschnitt 65, ist zu untersuchen.
    • Insbesondere die Rolle des Abschnitts und der Zivilkräfte für Straßengewalt sollten im Fokus der Aufklärung stehen. In den 1990er Jahren, war die Treptower Naziszene berüchtigt und hatte Verbindungen nach Neukölln. Beim Angriff auf dem Britzer Baumblütenfest 2003 waren ein Großteil der Angreifenden aus Treptow. Welche Erkenntnisse bestehen zu diesem Angriff und zu den damaligen und heutigen Verbindungen nach Neukölln?
    • Wie wird die Arbeit der Zivilkommandos zu Straßengewalt aus dieser Zeit bewertet? Dies gilt es insbes. vor dem Hintergrund zu untersuchen, dass Detlef M., heutiges AfD-Mitglied zu dieser Zeit Teil der Einheit war und auch heutzutage in Leitungsfunktion.
  • Abschnitt 54 Nord-Neukölln
    • Beamte des Abschnitts 54 Sonnenallee übersahen nach dem Brandanschlag vor der Konditorei Damaskus ein metergroßes gesprühtes Hakenkreuz an der Fassade der Konditorei. Wurde es wirklich übersehen oder einfach nur für irrelevant befunden?
    • Auf der Sonnenallee kursiert das Gerücht, der junge Mann, der im August oder September 2020 nach Brandstiftungen an Motorrollern in der Umgebung des Polizeiabschnitts festgenommen wurde, sei der Sohn des Abschnittsleiters Peter D.
  • Rolle der Staatsanwaltschaft, insbesondere OStA Fenner
    • Verfahren Neonaziangriff auf das Britzer Baumblütenfest. Hier wurde Paulenz erstmals aktenkundig. Die meisten der über 20 Angreifer kamen mit Einstellungen oder Freisprüchen davon, oder entgingen einer Anklage ganz. Das Verfahren wurde geführt von Fenner, der damals noch ein „normaler“ Staatsanwalt war. Zeitgleich hatte Fenner in einem anderen Verfahren einen Antifaschisten sogar in Untersuchungshaft.
    • Die „politische“ Abteilung 231 der Staatsanwaltschaft Berlin, die Oberstaatsanwalt Fenner jahrelang leitete, führte auch Verfahren wegen „Polizeidelikten“, also Verfahren gegen Polizist:innen. Darunter fallen höchstwahrscheinlich auch die Verfahren gegen Sebastian K. und Zarah P., die Versender:innen der Drohbriefe an Linke in Friedrichshain.
    • Die Expertenkommission berichtete, dass das LKA 2018 bei der Staatsanwaltschaft anregte, Beschlüsse zur DNA-Entnahme bei den Neuköllner Neonazis zu erwirken. Fenner lehnte dies ab.
    • Anfang 2017 wurden mehrere Antifaschist:innen von einer Observationseinheit des LKA aufgegriffen, als sie am U-Bahnhof Rudow Plakate mit Informationen über Neonazis verklebten. Ohne dass die abgebildeten Neonazis Anzeigen gestellt hätten, wurde Oberstaatsanwalt Fenner tätig und erwirkte mehrere Hausdurchsuchungen. Resultat vor Gericht 2020: Freispruch. Kommentar des Richters: Das hätte kein Verfahren werden sollen.
    • Zu Oberstaatsanwalt Fenner stellen sich unendlich viele weitere Fragen. Seine Arbeitsweise und die seiner Abteilung muss grundlegend untersucht werden.
  • Operative Maßnahmen
    • Ab wann und für welchen Zeitraum wurden welche Oberservationen und TKÜ-Maßnahmen durchgeführt? Welche Maßnahmen führten jeweils LKA und VS?
    • Wie viele Personen wurden überwacht? Wieso und wieso nicht? Wie lückenlos fand die Überwachung statt?
    • Wem galt die Observation 2017 an der Rudower Spinne?
    • Wie viele V-Leute sind in Neukölln eingesetzt?
    • Laut dem Zwischenbericht der Expertenkomission sind die TKÜ-Berichte des VS teils lückenlos und wichtige Infos fehlen. Diese Berichte und Arbeit sollte untersucht und aufgeklärt werden.
  • NSU-Versäumnisse
    • Welche Versäumnisse sind aufgrund der fehlenden Aufarbeitung des NSU-Komplex in Berlin zu konstatieren? Welche Versäumnisse betreffen Neukölln oder werden hier wiederholt?
    • heutige Bezüge, z.B. Dritter Weg und Eminger
    • Aufarbeitung VP Starke, V-Mannführer
    • Hammerskins und Vandalen, Waffenhandel im Utgard-Tattoostudio
  • Morde an Burak und Luke
    • Wie kam es zu der rassistische Arbeitsweise und Äußerungen bei den Ermittlungen nach dem Mord an Burak Bektaş?
    • Wurden die rechten Motive des Täters von Luke seitens der Sicherheitsbehörden gesehen und aufgegriffen? Wurde in diese Richtung ermittelt?
    • Welche Verbindungen könnten zwischen den Morden bestehen?
    • Für weitere Fragen verweisen wir auf die Burak-Initiative: https://burak.blackblogs.org/
  • Stefan Wischniowski
    • Wischniowksi ist bzw. war IT-Spezialist beim BKA in Treptow. Gleichzeitig war er Bezirksfunktionär der AfD Neukölln und war zeitgleich mit Tilo Paulenz im Bezirksvorstand vertreten.
    • Das BKA hat zwar sehr spezifisch dementiert, dass Wischniowski Zugriff auf Datenbanken oder beschlagnahmte Geräte gehabt habe oder an Ermittlungsverfahren beteiligt gewesen sei. Das ist aber unabhängig zu überprüfen.
    • Wischniowski war im BKA vernetzt, z.B. pflegte er Kontakte zum Protagonisten der AfD-Liste zu den Personalratswahlen 2020, „Alternative für Euch“. Auch Kontakte zu Berliner Kadern der „Identitären Bewegung“ sind zu untersuchen.
    • Das dienstrechtliche Verfahren gegen ihn muss penibel angeschaut werden.
    • War Wischniowski neben seinen BKA-Eskapaden auch dem LKA und VS bekannt? Es ist nicht unwahrscheinlich, dass er bei den Observationen von Sebastian Thom u.a. aufgetaucht ist.
  • Datenweitergaben
    • In den letzten Jahren wurden in beunruhigender Regelmäßigkeit Fälle bekannt, in denen Beamt:innen von Polizei und Staatsanwaltschaft in Berlin Neonazis und andere Rechte mit persönlichen Daten des politischen Gegners versorgt haben. Oft mag dies aus Nachlässigkeit oder Inkompetenz geschehen sein, aber in mehreren Fällen liegt Vorsatz nahe.
    • Drohbriefe an Linke in Friedrichshain die von zwei Staatsschützer:innen verschickt wurden. Die Adressat:innen weisen vielfältige Überschneidungen zu andere Fällen auf.
    • Die Herkunft der handschriftlichen Adressliste, die bei Sebastian Thom gefunden wurde, ist weiter ungeklärt.
    • Mehrere offenen Fälle von Datenabfragen liegen ungelöst bei der Berliner Datenschutzbeauftragten
    • Im Fall „Halle Leaks“ wurden ohne konkreten Verdacht sämtliche Personen, die in einem Friedrichshainer Hausprojekt gemeldet waren, per Akteneinsicht an eine Gruppe von Nazi-Youtubern weitergegeben. Wenige Tage später wurden die Listen auf der Website eines Hallenser Neonazis veröffentlicht.
    • Die persönlichen Daten der Anmelderin einer Kundgebung von „Omas gegen Rechts“ landeten in rechten Chatgruppen.
    • Die Betroffenen von Sebastian Thoms Datensammlung wurden nur sehr unzureichend informiert. Ihnen wurde bspw. mitgeteilt dass Fotos von ihnen Teil der Sammlung waren, ohne die Fotos herauszurücken. Die LKAs anderer Bundesländer waren dabei nachweislich weniger knauserig.
  • Ostburger Eck
    • Das Ostburger Eck fällt schon seit den 1990er Jahren immer wieder als Treffpunkt von Neonazis und rechten Hertha-Hooligans auf. Ein Aussteiger berichtete der Jüdischen Allgemeinen: „Das ›Ostburger Eck‹ in der Waltersdorfer Chaussee hat ein Hinterzimmer, wo wir uns alle zwei Wochen getroffen haben. Wir haben uns dann über unsere Gegner ausgetauscht, Aufmärsche organisiert.“ In den 1990er Jahren waren dabei vor allem Neonazis rund um die Kameradschaft Treptow tonangebend, in den 2000ern verlagerte sich die Führung zunehmend nach Rudow. 2003 griffen Rudower und Treptower Neonazis gemeinsam das Britzer Baumblütenfest an.
    • Die Episode rund um den LKA-Beamten W. muss dringend unabhängig untersucht werden. Die Expertenkommission hat zwar festgestellt, dass W. höchstwahrscheinlich wirklich nicht mit Sebastian Thom, sondern mit einem nicht näher benannten Freund im Auto weggefahren ist. Doch es bleiben haarstreubende Fragen: was macht ein LKA-Beamter in einer Kneipe, die seit über 20 Jahren als rechtslastig und Rückzugsraum für Neonazis bekannt ist? Und was machen zur gleichen Zeit Sebastian und Thom „und weitere Neonazis“ dort, von denen das Observationsteam des Verfassungsschutz berichtete?
  • Detlef M.
    • Detlef M. vom Polizeiabschnitt 35 (inzwischen in den Innendienst versetzt) ist Funktionär der AfD Neukölln, er nahm in der Vergangenheit Vorstandsämter wahr und gilt nach wie vor als Sicherheitsbeauftragter des Bezirksverbands.
    • Im November und Dezember 2016, als sich die AfD Neukölln über eine antifaschistische Veranstaltungsreihe im Bezirk austauschte (Buchläden gegen Rassismus), tätigte er Äußerungen, die nahelegen, dass er über Pläne der Neuköllner NPD bzgl. der Veranstaltungsreihe informiert war.
    • In den 1990er Jahren, der Hochzeit der äußerst gewalttätigen Kameradschaft Treptow, war Moritz am örtlichen Polizeiabschnitt (damals Abschnitt 65) Zivilkraft mit Schwerpunkt Straßenkriminalität. Möglich, dass er mit vielen der damaligen Protagonisten bekannt ist.
  • Verfassungsschutz und Flügel-Beobachtung
    • Nach dem Breitscheidplatz-Attentat wurde eine Reihe von Leitungspositionen der Sicherheitsbehörden neubesetzt. Der Leiter der Islamismus-Abteilung des Berliner Verfassungsschutz wurde z.B. in die Leitung der Rechtsextremismus-Abteilung weggelobt.
    • Dieser Herr war also ab 2017 u.a. für die Überwachung der Neuköllner Neonazis zuständig. Anfang 2021 war höchstwahrscheinlich er es, der das umstrittene AfD-Gutachten des Verfassungsschutzes an die AfD durchstach.
    • Das Gutachten verliert kaum ein Wort zum Berliner „Flügel“ der AfD. Auch zu den Neonaziverstrickungen in Neukölln: kein Wort. Der Tagesspiegel macht öffentlich, was man gerne im Gutachten gelesen hätte: Tilo Paulenz war bezirklicher Koordinator Neukölln für den Flügel und stand mit dem Berliner Flügel-Obmann Thorsten Weiß in Kontakt.
    • Paulenz organisierte mehrere Flügel-Veranstaltungen mit hochkarätigen bundesweiten Gästen. Sebastian Thom und mehrere weitere Neonazis waren ebenfalls zu Gast.
    • Es ist schwer vermittelbar, dass der Verfassungsschutz Sebastian Thom umfangreich überwacht hat, aber diese Begebenheiten nicht bemerkt habe.

Diese Sammlung hat keine Anspruch auf Vollständigkeit. Die Untersuchung und Aufklärung der aufgeworfenen Fragen ist Aufgabe des Untersuchungsausschusses.

Offener Brief zur Beteiligung am Untersuchungsausschuss Neukölln-Komplex

An die Abgeordnetenhausfraktionen von SPD, Bündnis 90/die Grünen und Die LINKE

Wir schreiben Ihnen gemeinsam als Neuköllner Initiativen, die sich gegen die jahrelange neonazistische Gewalt im Bezirk organisiert haben. Um die Ursachen des Behördenversagens bei rechten Angriffen aufzuarbeiten, haben wir uns für die Einrichtung eines Parlamentari­schen Untersuchungsausschusses eingesetzt, der laut Ihren Koalitionsvereinbarungen nun schnellstmöglich eingesetzt werden soll.

Wir möchten unsere Forderung bekräftigen, Neuköllner Initiativen, kritische Zivilgesellschaft und Betroffene der Anschläge dauerhaft und unmittelbar an der Arbeit des Untersuchungsaus­schusses zu beteiligen. Die Abgeordneten sind zur Aufklärung auf das Wissen der Initiativen angewiesen. Und die Initiativen können ohne unmittelbaren Zugang nur sehr begrenzt kritische Begleitung und Nachforschungen leisten, die auch für die Glaubwürdigkeit der Aufarbeitung Voraussetzung sind. Notwendig ist dafür, dass alle Sitzungen und Befragungen des Untersuchungsausschusses öffentlich stattfinden.

Wir erwarten, dass bereits bei der Erteilung des Auftrags für den Untersuchungsausschuss unsere Einbindung  in die Arbeit des Untersuchungsauschusses erfolgt. Wer nicht die richtigen Fragen stellt, hat keine Chance auf Erkenntnis. Dabei ist unser Input unverzichtbar.

Grundsätzlich gilt:

  • Wegen der Zusammenhänge der rechten Terrorserie in Neukölln seit 2016 mit Anschlägen vor 2016 (z.B. auf das Falkenhaus) muss der Untersuchungszeitraum offenbleiben.
  • Wegen der überregionalen Vernetzung der Tatverdächtigen sowie ihrer Aktivitäten und Straftaten außerhalb des Bezirkes müssen rechte Verbindungen, Vorfälle und Akteure in ganz Berlin und darüber hinaus in den Untersuchungsauftrag aufgenommen werden. Dazu gehören insbesondere nicht aufgeklärte rechte Straftaten (z.B. der Mord an Burak Bektaş) und auch Erkenntnisse Nicht-Berliner Behörden.
  • Bei dem von der BAO Fokus und den Sonderermittler*innen festgestellten Versagen der Behörden im Neukölln-Komplex muss grundsätzlich nach dem Umgang mit rechten Straftaten und Aktivitäten, rechten Vorkommnissen in den eigenen Reihen, Sympathien mit rechten Ideologien und Tätern, Verbindungen zu rechten Akteur*innen, V-Leuten etc. gefragt werden.
  • Das beinhaltet auch bisher nicht untersuchte Verstrickungen der Berliner Behörden in den NSU-Komplex. Hierzu gehört die Untersuchung, inwiefern die Weigerung, einen Berliner Untersuchungsausschuss zum NSU-Komplex zu bilden, problematische Arbeitsstrukturen in den Berliner Behörden begünstigt hat.
  • Zum komplexen Charakter des Naziterrors in Neukölln gehört auch die Beteiligung verschiedenster Behörden. Neben den verschiedenen Ebenen der Berliner Polizei (Abschnitte, Direktionen, LKA) dürfen auch die Rolle und Verantwortung von Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft nicht ausgespart werden.

Unser Bedürfnis nach Aufklärung ist dringend. Durch unsere Mitwirkung wollen wir zum Erfolg des Untersuchungsausschusses beitragen. Und uns ist wichtig, dass einem möglichen Scheitern des Untersuchungsausschusses bereits jetzt entgegengewirkt wird.

Unterzeichnende

Weiterer Polizist in Neukölln-Komplex verwickelt

Ein sechster Polizist ist in den Neukölln-Komplex verwickelt: Stefan Andreas Wischniowski, IT-Forensiker beim BKA, über den der Spiegel vor kurzem berichtete. Mit dem Neonazi Tilo Paulenz und drei weiteren Personen bildete er 2017 den Vorstand der Neuköllner AfD. Auch ansonsten war er ein zentrales Mitglied zu einer Zeit, als die AfD immer mehr mit der lokalen Neonaziszene zusammenwuchs.

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Redebeitrag bei der Demo gegen rassistische Polizeigewalt 13.12.2020

Wir von der Initative Neukölln Watch wünschen euch allen einen besinnlichen 13.12. – wir haben gerade heute das Bedürfnis über die Polizei zu reden, weil wir Antifaschist*innen sind und Neonazis bekämpfen – und weil man gar nicht so genau sagen kann, wo eigentlich die Polizei aufhört und wo die Neonaziszene anfängt. Überall in Deutschland, aber besonders in Berlin und hier in Neukölln.

  • Ein LKA-Beamter trifft militante Neuköllner Neonazis zum Bier.
  • Mehrere Polizisten aus Neukölln, Treptow-Köpenick und Tempelhof-Schöneberg sind Funktionäre oder Sicherheitsberater für die Berliner AfD.
  • Ein SEK-Polizist trägt Neonazikleidung bei einem schwerbewaffneten Einsatz in Neukölln.
  • Polizist*innen vom Abschnitt 54 Sonnenallee ignorieren an Tatorten von Brandstiftungen immer wieder metergroße gesprühte Nazisymbole.
  • Ein Neuköllner Polizist, dessen Aufgabe eigentlich Ermittlungen gegen Neonazis sind, verprügelt aus rassistischen Motiven einen Mann brutal.
  • Neuköllner Polizist*innen nehmen schon im Winter 2010 am U-Bahnhof Parchimer Allee einen Mann fest, fahren ihn hinter die Stadtgrenze nach Schönefeld, schlagen ihn zusammen und lassen ihn dann im Schnee liegen.

Wir könnten noch ewig weiter machen, denn die rechten und rassistischen Vorfälle in der Berliner Polizei, sind schier endlos und schrecklich alltäglich. Für Neukölln dokumentieren wir sie in einer Chronik auf unserer Homepage, um für Aufklärung von rechtem Terror und Neukölln-Komplex zu sorgen.

Wir wollen außerdem einen Untersuchungsausschuss zur Rolle von Polizei und Verfassungsschutz im Neukölln-Komplex und beim NSU sowie zu den vielen Verbindungen von Berliner Polizist*innen zu Neonazis. Wir wissen dabei natürlich, dass ein Untersuchungsausschuss im Parlament stattfindet und keinerlei Veränderungen zu erwarten sind. Aber ein Untersuchungsausschuss schafft Öffentlichkeit und somit Informationen und Druck. Ein Untersuchungsausschuss kann wiederum eine Basis sein für weitere antifaschistische Arbeit.

Wir wollen, dass alle Behördeninformationen zu Neonazis und der extremen Rechten öffentlich gemacht werden, denn die Polizei kann und will uns vor den Faschisten nicht schützen. Die einzigen, die Faschisten und Neonazis tatsächlich bekämpfen, sind Antifas, zivilgesellschaftliche Initiativen und die Betroffenen der Gewalt selbst. Das ist auch gar nicht komisch oder überraschend, schließlich ist der Hauptzweck der Polizei ja, sicherzustellen, dass alles weiterläuft wie bisher.

Wenn sich hier jetzt einzelne Beamte unfair behandelt fühlen, können wir nur sagen: wir haben echt andere Sorgen. Und wir finden: Angesichts dieser Gemengelage ist Misstrauen, ist ein Generalverdacht aber sowas von angebracht!

Kein Mensch braucht den Verfassungsschatz – kein Mensch braucht das LKA – kein Mensch braucht die Polizei

Lasst uns die Sache selbst in die Hand nehmen: Solidarität mit den Betroffenen. Organisierung der Nachbar:innenschaften. Wenn ein Nazi oder Rassist oder Polizist zuschlägt, müssen wir gemeinsam dafür sorgen, dass er es nicht wieder tut.

Redebeitrag Demo 07.11. zum Jahrestag der NSU-Selbstenttarnung

Vor einigen Wochen war der 20. Todestag von Enver Șimșek, das erste Mordopfer des Nationalsozialistischen Untergrund. Das LKA Berlin hatte einen Spitzel in diesem rechten Terrornetzwerk: Thomas Starke. 1996 war er mit dem NSU-Kerntrio eng befreundet und besorgte ihnen das erste Kilogramm TNT-Sprengstoff. 2001 wurde er vom LKA Berlin als Spitzel angeworben, oder im Behördensprech: Vertrauensmann, kurz V-Mann. Sein V-Mann-Führer war der damalige Leiter des Staatsschutz-Dezernats „Rechts“, sowie dessen Kollege, der heutzutage vor allem wegen einer „88“ SMS bekannt ist. Diesen beiden LKA-Beamten gab der Spitzel mindestens 5 mal (!) Hinweise auf das untergetauchte NSU-Kerntrio. Das Berliner LKA machte mit diesen Hinweisen: nichts. Möglicherweise hätten mehrere der Morde verhindert werden können, wenn das LKA nicht seinen Spitzel geschützt hätte. Im NSU-Prozess in München war der V-Mann-Führer als Zeuge geladen, seine Erinnerung: lückenhaft. Weiß nicht mehr, nicht sicher, kann mich nicht erinnern. Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen.

Wir sollten uns aber vom LKA Berlin nicht einlullen lassen: die sind nicht einfach inkompetent, sondern wissen ziemlich genau was sie tun. Wie sonst soll man die systematischen Aktenvernichtungen im LKA erklären, als es eigentlich um die Aufklärung des NSU-Netzwerkes gehen sollte? Neonazis sind für das LKA einfach kein sonderlich großes Problem, damals nicht, und heute offenbar auch nicht.

Der NSU hatte aber nicht nur über Polizei und Verfassungsschutz enge Verbindungen nach Berlin. In Berlin gibt es schon lange militante Zellen in der Neonaziszene, die bewaffnet sind und auch Morde begehen. Viele Personen aus dem NSU-Netzwerk waren oft in Berlin, besonders in Lichtenberg bei den Gruppierung Hammerskins und Vandalen. In einem rechten Tattostudio in Lichtenberg, das auch heute noch existiert, wurden Waffendeals zwischen Neonazis abgewickelt. Das wissen wir nicht durch Ermittlungen der Polizei, sondern durch antifaschistische Recherche.

Auch die Neuköllner Neonazis haben heutzutage vom Staat nichts zu befürchten, zu eng sind die Verbindungen mit der Polizei. Zum Haupttäter, dem Neonazi Sebastian Thom, gab es bereits vor Jahren den ironischen Spitznamen „Justizwunder“, weil er von der Justiz überaus soft und rücksichtsvoll behandelt wird. Seitdem steht er im Verdacht, V-Mann des LKA zu sein, also ein bezahlter Spitzel, der Geld vom Staat bekommt, das dann mglw. zum Ausbau der Neonazistrukturen verwendet wird. Dieser Neonazi und seine Komplizen konnten in den letzten Jahren unzählige Brandanschläge in Neukölln verüben, obwohl sie vom Landeskriminalamt UND vom Verfassungsschutz observiert wurden.

Das ist aber nicht der einzige Fall einer mutmaßlichen Zusammenarbeit von Neonazis und Polizist:innen in Neukölln. Es vergeht ja inzwischen keine Woche, ohne dass in Berlin neue rechte Chatgruppen aufgedeckt werden, oder Polizeibeamte die total auf Hakenkreuze abfahren. Wir könnten endlos weiter über rechte Polizist:innen in Berlin erzählen, z.B. das Pärchen vom LKA, das Personendaten aus dem Polizeicomputer nahm, und dann Drohbriefe an mehrere dutzend linke Menschen in Berlin verschickte. Und so weiter und so fort.

Die Hinterbliebenen und Betroffenen des NSU-Terrors fordern seit Jahren: Kein Schlussstrich! Kein Schlussstrich fordern wir auch in Neukölln. Wir gedenken Burak Bektaș und Luke Holland, die in Neukölln von Neonazis umgebracht wurden. Lukes Mörder war Nazi durch und durch, hatte zuhause ein extra Zimmer voll mit Nazidevotionalien. Das Gerichte sagte: kein politisches Motiv erkennbar. Buraks Mörder ist bis heute unbekannt. Die Polizei machte von anfang an das, was sie so oft macht: Migrationsgeschichte gleich Kriminalität. Buraks Freunde und Familie wurden sofort verdächtigt, etwas mit Drogengeschäften zutun zu haben. Beim Fall von Burak und den ganzen rechten und rassistischen Angriffen in Neukölln, wollen Senat und Polizei am liebsten schnell: einen Schlußstrich ziehen.

Deswegen dürfen wir nicht nachlassen, wir müssen weiter Druck machen, bis der Mörder von Burak gefunden ist, bis das rechte Netzwerk zwischen Polizei und Neuköllner Neonazis zerschlagen ist, bis die alltägliche rassistische Polizeipraxis auf der Straße ein Ende hat.

No justice no peace

400 Antifaschist:innen bei Demo gegen rechten Terror und staatliche Verstrickungen

In Rudow haben heute ca. 400 Antifachist:innen gegen den rechten Terror, die Verstrickungen von Polizei und Justiz, sowie das Verschweigen und Vertuschen durch den rot-rot-grünen Senat demonstriert.

Anlass der Demonstration war der morgige Prozess gegen die beiden Hauptverdächtigen Sebastian Thom und Tilo Paulenz, sowie die vielen immer neuen Enthüllungen über rechte Verstrickungen in den Berliner Behörden. Die Betroffenen und antifaschistischen Initiativen in Neukölln erhoffen sich von dem morgigen Prozess überhaupt nichts. Die Hoffnung in staatliches Handeln gegen Neonazis und rechte Staatsdiener ist hier schon lange aufgegeben.

Auch der Abschlussbericht der BAO Fokus (bereits die vierte Ermittlungsgruppe zum Neukölln-Komplex), der für die morgige Innenausschusssitzung angekündigt ist, weckt keinerlei Hoffnung auf Erkenntnisgewinn. Die angekündigte Sonderermittler-Gruppe wäre bereits die fünfte Soko. Wie lange soll das noch so weitergehen? Die antifaschistisch Aktiven in Neukölln haben keine Geduld mehr mit einem rot-rot-grünen Senat und seiner Hinhaltetaktik, während gleichzeitig rechte und rassistische Täter in Uniform aktiv und bewusst gedeckt und geschützt werden.

Die Forderungen sind noch immer:

  • parlamentarischer Untersuchungsausschuss
  • Einbeziehung der Ermittlungsverfahren gegen rechte Polizisten in den Neukölln-Komplex (u.a. Fälle Kayser/Pulver, Weber, Kollmann)
  • Auflösung des Staatsschutzes und der Zivilkommandos beim LKA
  • Auflösung des Verfassungsschutzes
  • Ende der rassistischen Razzien in Shishabars gegen sog. „Clans“
  • Abschaffung des Racial Profiling

Es reicht! Rechte Netzwerke zerschlagen!

Sonntag, 30. August, 16:00
Start: Rudower Spinne / U-Rudow, Ziel: U-Wutzkyallee
Antifaschistische Demonstration mit Rudow empört sich, Kein Generalverdacht und Neukölln Watch

Rechte Sympathisanten in der Staatsanwaltschaft, Verstrickungen von Polizei mit Naziszene und immer neue rassistische Angriffe – es reicht! Schluss mit Naziterror!

Wir fordern eine politische Aufarbeitung des Neuköllner Nazikomplexes. Rechte Netzwerke müssen endlich öffentlich aufgedeckt und aufgelöst werden. Parlamentarischer Untersuchungsschuss jetzt!

Kommt alle zur gemeinsamen Demo in Rudow und Gropiusstadt. Lasst uns zeigen, dass wir uns nachbarschaftlich gegen Nazigewalt wehren und gemeinsam die Betroffenen rechter und rassistischer Anschläge unterstützen.

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